Sehr, sehr tolerant

sehr, sehr

ist sehr in Mode gekommen

ein einzelnes sehr

ist vermutlich zu schwach geworden

mir gefällt das sehr,

sehr sehr wenig

fast möchte ich sagen

ich leide an einer „sehr sehr“ Allergie

und wäre ich nicht so anständig

würde ich auf der Stelle

alle sehr sehr Sager

sehr sehr würgen,

aber das nur zum Anfang.

 

Schlimmer noch,

als sehr sehr

ist für mich Toleranz.

Neuerdings sind ja alle sehr sehr tolerant

(so kam ich auf die sehr sehr Einleitung),

da es ja heute noch nicht einmal ausreicht,

tolerant zu sein.

 

Ich wende mich heute gegen Toleranz.

Und das tue ich sehr sehr.

Offenbar ist all den Toleranten nicht bewusst,

dass Toleranz genau das Gegenteil von dem ist,

was sie glauben,

dass es ist,

aber genau das,

was sie sind.

 

Ich zum Beispiel toleriere,

dass andere Meschen meine Atemluft atmen,

also ich gegebenenfalls Teile ihrer benützten Atemluft

einatmen muss.

Oder ich toleriere,

dass mein Billa keine Sojamilch mehr verkauft.

 

Normale Menschen hingegen

tolerieren so wichtige Sachen wie

Homosexuelle, Falschwähler,

politisch anders denkende,

andersfärbige Mitmenschen,

andere Götter anbetende,

Kopftuchträgerinnen

und solche Sachen halt.

Und sie fühlen sich dabei

sehr sehr grosszügig und weltoffen.

 

Denen ist offenbar nicht klar,

dass sie damit genau das Gegenteil machen,

sie bekunden ihre Kleinlichkeit.

Weil es ihnen ebengenau gar nicht recht ist,

dass andere anders wählen oder beten,

dass sie spezielle sexuelle Vorlieben haben

und beim nach draussen gehen Tücher um den Kopf winden.

 

Weil,

wäre es ihnen tatsächlich so wurscht,

wie sie großmütig tolerieren,

dann müssten sie es eben nicht tolerieren,

dann müssten sie es nämlich,

nein,

könnten sie es gar nicht erwähnen.

Ich toleriere,

dass du Supervisor bist,

ich toleriere,

dass du blaue Augen hast,

solche Sätze eben,

die gibt es gar nicht,

weil es eben völlig ohne Belang ist

und es insofern da auch gar nichts zu tolerieren gibt.

 

Tolerare kommt aus dem lateinischen

und bedeutet,

ertragen, erdulden.

 

Und um das geht es in Wirklichkeit,

beim ach so tollen tolerieren.

Dass es einem gar nicht recht ist

und man es eben „großzügig“ erleidet, erduldet, erträgt.

 

Und schon ist es vorbei,

mit dem Gutmenschengetue.

Heuchler!

 

 

 

 

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